Zeitzeugen-Bericht von dem Ünglücksfall am 10. Oktober 1942 in der EIBIA-Dörverden
H. war Zeuge, als sich das schwere Explosionsunglück am 10.10.1942
ereignete. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er als Handwerker im
Trockenhaus 365/1. Das Trockenhaus 365/1 war ebenso mit einem 5 m
hohen Erdwall umgeben wie das Trockenhaus 365/2, welches sich 50 Meter
neben dem Trockenhaus 365/1 befand. Als das Unglück geschah, vernahm
H. einen sehr lauten Detonationsknall. Sofort eilte er aus dem Gebäude
und lief zum Unglücksort. Dort sah er, dass das Trockenhaus 365/2 von
der Explosion völlig zerlegt worden war. Die Wände sowie das Dach
waren zerstört und gegen den Wall bzw. noch darüber hinaus
geschleudert worden. Nur noch die Betonsohle war erhalten
geblieben. Von den Frauen, die zum Unglückszeitpunkt dort gearbeitet
hatten, waren nur noch zerfetzte Körperteile übrig geblieben. H. sah
einen Haarschopf in einem Baum hängen.
Zu dem Zeitpunkt, als das Unglück geschah, waren die Frauen damit
beschäftigt gewesen, getrocknetes Pulver von den Trockenblechen in
tonnenartige Gefäße zu schütten und diese Tonnen auf einen
Elektrokarren und dessen Anhänger zu laden. H. vermutet, dass es beim
Betrieb des Elektrokarrens zu einer Funkenbildung gekommen ist, was
nach seiner Beobachtung häufiger geschah. Ein solcher Funken
entzündete vermutlich den feinen Pulverstaub, der sich in der
Umgebungsluft befand. Dieser Staub bildete sich, wenn Pulver von den
Trockenblechen in die Tonnen geschüttet wurde. Nach Aussage des
Zeitzeugen H. galten die Tätigkeiten in den Trockenhäusern als
"Himmelfahrtskommandos". Er selbst durfte bei handwerklichen Arbeiten
in den Trockenhäusem nur mit einem Gummihammer anstatt mit einem
Metallhammer arbeiten, um Funkenbildungen möglichst zu
vermeiden.
(Berichtstag: 19.4.1997)
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Auszug aus dem Kriegstagebuch des Rüstungskommandos Hannover
"Am 10.10.1942 , um 10.07 Uhr erfolgte im R.P.-Abschnitt der
R.P.-Anlage im Zweigwerk Dörverden der Eibia GmbH eine starke
Explosion. Das Trockenhaus 2, gefüllt mit 2.500 kg
Manöver-Nudel-Pulver (1,5 x 1,5) war infolge einer innerhalb des
Gebäudes erfolgten Entzündung des Pulvers durch eine Explosion bis auf
die Betonfundamente in die Luft geflogen. Durch die starke Explosion
und vermutlich durch umherfliegende heiße Gesteins- und Metallstücke
geriet das in ca. 25 m Entfernung liegende Schrägtrommelgebäude, in
welchem ca. 150 kg Nitrozellulose-Platzpatronenpulver (1,5 x 1,5/0,75)
mit einer alkoholischen Centralitlösung durch Überbrausen
nachbehandelt wurde, infolge Entzündung des Pulvers in Brand. Ein vor
dem Gebäude stehender Elektrokarrenanhänger mit ca. 150 kg Pulver ging
gleichfalls hoch.
Tote: 5 Ausländerinnen und 2 Ausländer, schwerverletzt: 1 Ausländerin,
1 Ausländer, leichtverletzt: 2 deutsche Gefolgschaftsmitglieder. Grund
des Unglücks ist nach Ansicht des Werkmeisters entweder unsachgemäßes
Hantieren beim Anschieben des o.a. Anhängers oder Nichtbeachten des
Rauchverbots. Produktionsausfall ca. 25 t Manöver-Nudel-Pulver. Sach-
ohne Baumschaden rd. 150.000 RM."
(Quelle: BA-MA 20-10/17, Blatt 3)
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